Rhein-Neckar-Variobahn


1997 wurde von der HSB und der MVG für weitere Fahrzeugbeschaffungen zusammen mit ADtranz geprüft, ob man zukünftig Fahrzeuge mit gemeinsamen elektrischen Hauptkomponenten beschaffen könnte, um die Ersatzteilhaltung und auch die Instandhaltung in der ZWM kostengünstiger und effektiver gestalten zu können. Im Laufe der Projektierung konnte man weitere gemeinsame Eckpunkte für ein zukünftiges Gemeinschaftsfahrzeug festlegen (Fahrzeugbreite, Ein- und Zweirichtungsfahrzeuge, einheitlicher Fahrerstand usw.) und zunächst die VBL und später auch die damals noch selbständige OEG für dieses Projekt gewinnen und ein gemeinsames Lastenheft erstellen.

Damit konnte zum zweiten Mal in der Region eine zukunftsweisende Gemeinschaftsbestellung für Fahrzeuge umgesetzt werden; ein weiterer Schritt hin zu einem übergeordnetem Verkehrsunternehmen.

Um nochmals konzeptionelle Schwächen mit unausgereiften Fahrzeugtypen weitgehend zu vermeiden, wurden 1998 verschiedene Niederflurfahrzeuge für Probefahrten auf das Rhein-Neckar-Schiennenetz geholt und auf ihre Betriebstauglichkeit geprüft.

So wurden unter anderem der Combino-Prototyp von Siemens, der Darmstädter ST13 von LHB und, soweit einsetzbar, die OEG Variobahn getestet und bewertet. Technisch war das LHB Fahrzeugkonzept, das auch Zweirichtungsfahrzeuge und eine 40m Ausführung beinhaltete, führend. Unter Kostengesichtspunkten war jedoch das Angebot von ADtranz deutlich günstiger und erhielt den Zuschlag. Das Angebot von SIEMENS wurde aufgrund der Aluminiumkarosserie, die in der Instandsetzung problematischer ist, aus der Wertung genommen.

Entsprechend der Ausschreibung wurde für 36 Fahrzeuge, basierend auf dem Baumuster der OEG V6, die Beschaffung eingeleitet, wobei teilweise erhebliche Konzeptänderungen und Verbesserungen eingepflegt wurden. Das Fahrzeugkonzept in 2,40m Breite umfasste einerseits die Einzelbedürfnisse der Verkehrsunternehmen war aber auch beispielhaft bezüglich der Komponentengleichheit und der möglichen Tauschbarkeit zwischen den Betrieben. Zwar mussten etliche Anpassungsarbeiten in den einzelnen Streckennetzen vorgenommen werden, die jedoch gegenüber der angestrebten Einheitlichkeit nicht wesentlich waren.

Am 18. Dezember 1998 hatten sich die Unternehmen auf das Angebot der Variobahn geeinigt und jeweils mit ADtranz einen Vertrag unterzeichnet. Aber erst einige Wochen später konnte man sich final und auf massiven politischen Druck auf die Fahrzeugbreite von 2,40 m für alle Fahrzeuge einigen, da die OEG noch einige Zeit an der Forderung nach 2,50 m Breite festhielt.

Bestellt wurden schließlich zehn siebenteilige Einrichtungswagen für Mannheim, für Heidelberg acht fünfteilige Zweirichtungsfahrzeuge mit 32 m Länge, für die OEG zehn fünfteilige Zweirichtungsfahrzeuge. Ludwigshafen zog erst Anfang 1999 wegen der notwendigen finanziellen Absicherung nach und bestellte acht Einrichtungsfahrzeuge in 32m Länge. Die Fahrzeuge für mannheim und Heidelberg sollten ab Ende 2000 ausgeliefert werden.

Während des Baus des ersten Fahrzeuges stellte sich bei Tests heraus, dass das Fahrzeugkonzept nicht die vorgeschriebene Längsdruckfestigkeit erreichte. Daraufhin musste die Karosserie massiv verstärkt werden, was zu einen deutlichen Mehrgewicht führte. Um die zulässigen Achslasten des Mittelfahrwerks einhalten zu können, musste der Fahrzeugentwurf bei allen Fahrzeugen um ein Fensterfeld verkürzt werden. Bei den fünfteiligen Fahrzeugen wurden eine Sänfte um ca. 1,5m verkürzt. Da dadurch auch die Fassungskapazität deutlich reduziert wurde, entschied sich die Heidelberger Straßenbahn dafür, Ihre Bestellung auf acht siebenteilige Zweirichtungsfahrzeuge mit ca. 40 m Länge abzuändern.

Durch diese Änderungen verzögerte sich die Auslieferung der Fahrzeuge um fast zwei Jahre. Man stand in Mannheim und Ludwigshafen vor dem gleichen Desaster wie schon 1993. Das erste Fahrzeug, MVV 701 wurde erst am 1. August 2002 ausgeliefert. Das letzte der 36 Fahrzeuge der Gemeinschaftsbestellung für die vier Unternehmen wurde im November 2003 geliefert. Der Konsortialführer ADtranz wurde während der während der Bauzeit von bisherigen Subunternehmer Bombardier (ehemals DWA Bautzen) übernommen.

Nach der Zulassung wurden die Mannheimer Fahrzeuge vorrangig auf der Linie 1 eingesetzt, um dort die Doppeltraktionen aus GT6N frei zu bekommen. Diese konnten dann auf den anderen Linien die älteren Hochflurfahrzeuge ersetzen. In Heidelberg kamen die Fahrzeuge auf die nachfragestarke Linie 3.

Ab 2006 durch die inzwischen gegründete Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (rnv) die Optionen eingelöst und weitere 13 RNV6-ZR und drei RNV8-ER bestellt. Diese Fahrzeuge wurden 2007 ausgeliefert.

2009 wurde weitere Optionen eingelöst, dieses Mal rief man acht Fahrzeuge des Typs RNV6-ZR, drei RNV8-ER, sowie acht RNV8-ZR ab. Diese wurden mit dem Mitrac Energy Saver ausgestattet, welcher es ermöglicht, kurze Strecken ohne Oberleitung zu fahren. 

Diese wurden vor allem dafür vorgesehen, sie auf der geplanten Neubaustrecke im Neuenheimer Feld mit fahrleitungsfreien Abschnitten einzusetzen. Da diese Strecke bisher nicht gebaut wurde, haben die Energiespeicher bis heute eher einen geringen Nutzen, da bestenfalls Bremsenergie gespeichert wird, die bei der nächsten Anfahrt zur Reduzierung der Spitzenlast genutzt werden kann.

Das Fahrzeug 4149 kam aufgrund eines Hochwasserschadens im Werk Bautzen nicht nach Mannheim, sondern wurde von Bombardier mit einem Supercap-Energiespeicher ausgestattet und absolvierte umfangreiche Tests auf einer Augsburger Messestrecke ohne Fahrleitung. Nach Abschluss dieser Tests kam das Fahrzeug nach Mannheim und steht ausschließlich für Test- und Fahrschulfahrten zur Verfügung. Das Fahrzeug hat keine Zulassung für den Fahrgastbetrieb.

Letztmalig wurden nochmals 10 Fahrzeuge des Typs RNV6-ZR aus der Option abgerufen, welche 2013 ausgeliefert wurden. Diese wurden Ebenfalls mit den Mitrac Energy Savern ausgestattet. Damit waren dann auch alle Optionen ausgeschöpft.

Ab 2016 wird diese Fahrzeugflotte einer Sanierung im Karosseriebereich unterzogen. 

Triebwagen 4139 erlitt am 22. November 2022 einen Transportunfall beim Rücktransport von Halberstadt nach Mannheim, wobei der Wagen schwer beschädigt wurde.

Alle anderen Bahnen dieses Fahrzeugtyps sind im Einsatz.




Technische Daten

Fahrzeugtyp

RNV6-ER

RNV6-ZR

RNV8-ER

RNV8-ZR

Anzahl

8

41

16

16

Fahrzeugnummern

2215 - 2222

4123 - 4148, 4150 - 4162, 5761 - 5763

5701 - 5716

3273 - 3288

Baujahre

2003

2003, 2006/2007, 2010, 2013

2002/2003, 2007, 2010

2002/2003, 2010

Fahrgasttüren

4

3

6

5

Länge

30,50 m

30,50 m

42,80 m

39,40 m

Breite

2,40 m

2,40 m

2,40 m

2,40 m

Höhe

3,60 m

3,60 m

3,60 m

3,60 m

Einstiegshöhe

350 mm

350 mm

350 mm

350 mm

Leergewicht

38 t

38,25 t*

50,05 t*

50 t*

Motoren

4 x 95 kW

4 x 95 kW

6 x 95 kW

6 x 95 kW

Sitzplätze

88

82

129*

100

Stehplätze

132

90

133*

130

Höchstgeschwindigkeit

70 km/h

80 km/h

70 km/h

70 km/h

* = nur Lieferserie von 2002/2003